Krank zur Arbeit

Krank am Arbeitsplatz

Leicht verschnupft? Da bin ich doch nicht krank. So denkt laut einer Studie jeder zweite Beschäftigte in Deutschland. Sie schleppen sich in die Arbeit, obwohl es ihnen gesundheitlich nicht gut geht. Fachleute nennen das Präsentismus. Frauen sind häufiger davon betroffen als Männer. Dieses Verhalten kann schwerwiegende Folgen für die eigene Gesundheit, aber auch für die der Kollegen haben. Auch den Unternehmen kann dadurch Schaden entstehen.

Pflichtgefühl und Arbeitslast

Wir alle sind schon öfter in die Situation gekommen, dass wir uns nicht wohl fühlen, aber trotzdem nicht zu Hause bleiben wollen. Ein bisschen Halskratzen, Gliederschmerzen — was ist das schon? Aus einem Pflichtgefühl heraus sehen wir es als unsere Verantwortung, Leistung zu erbringen, auch wenn wir nicht fit sind. Wir wollen unsere Kollegen nicht im Stich lassen und geplante Aufgaben erledigen. Eine Studie der Techniker Krankenkasse (TK) hat ergeben, dass 51 Prozent der Deutschen krank in die Arbeit geht. Dafür wurden innerhalb von vier Jahren mehr als 11.000 Arbeitnehmer aus 43 Unternehmen befragt, wobei der Einfluss der Corona-Pandemie nicht berücksichtigt wurde. Herausgekommen ist, dass das Arbeiten trotz Krankheit mit der Arbeitslast zusammenhängt. Beschäftigte, die viele Überstunden machen, gehen auch häufiger krank zur Arbeit. Etwa 40 Prozent der Befragten meinte, oft oder ständig wenig Zeit zu haben, um alle Aufgaben im Beruf zu erledigen.

Schuldgefühle ohne Grund

A „Das ist natürlich ein großes Problem“, meint Dr. Christopher Gröning, leitender Arbeitspsychologe bei Betriebsarztservice. „Krank zur Arbeit zu erscheinen hat vielfältige Gründe, wie beispielsweise Pflichtgefühl gegenüber Kolleginnen, Angst vor Arbeitsplatzverlust oder hoch ausgeprägte Eigenmotivation. Präsentismus schadet allerdings häufig den Unternehmen mehr, als sie ihnen nutzen.“ Wenn man krank ist, verfüge man nicht über die gewohnte Leistungsfähigkeit und könne sich auch nicht mehr konzentrieren. „Nicht selten stecken kranke Mitarbeitende ihre Kolleginnen an, welche dann wiederum auch krankheitsbedingt ausfallen können. Ebenso können Krankheitssymptome sich negativ auf die Arbeitsleistung auswirken: Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Konzentrationsschwierigkeiten erhöhen das Risiko für Fehler, welche unter Umständen aufwändig korrigiert werden müssen.

Besonders Gesundheitswesen betroffen

Interessant ist, dass in der Befragung 56 Prozent der Frauen angaben, häufig oder sehr häufig krank zur Arbeit zu gehen. Bei den Männern waren es 47 Prozent. Präsentismus ist besonders stark im Gesundheits- und Sozialwesen ausgeprägt, weil es dort mitunter schwierig ist, kurzfristig eine Vertretung zu finden. „Krankenpflegerinnen beispielsweise können sich dann durch ihre Fehlzeiten schlecht fühlen, weil sie glauben, ihre Kolleginnen und auch Patient*innen im Stich zu lassen“, so Gröning.

Präsentismus schadet Unternehmen

Die Tendenz, dass immer mehr Menschen krank zur Arbeit gehen, ist steigend. In Unternehmen wird nicht genug auf Präsentismus Rücksicht genommen, vielmehr wird auch von Mitarbeitern erwartet, dass sie anwesend sind. Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitnehmer, die öfter krank sind, gekündigt werden. Verständlich ist daher hier die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust. Untersuchungen in den USA haben gezeigt, dass den Unternehmen betriebswirtschaftlich gesehen bei Präsentismus mindestens die gleichen Kosten entstehen wie durch krankheitsbedingte Fehlzeiten.

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Mit Corona ändert sich viel

Die Corona-Pandemie hat jedoch dazu geführt, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sensibler für Krankheiten geworden sind. Auch scheinbar kleinere Erkältungen können einen komplizierten Verlauf annehmen und dafür sorgen, dass sich viele Menschen anstecken. „In diesem Sinne kann die aktuelle Sensibilität für das Thema genutzt werden, um Maßnahmen umzusetzen, die Präsentismus vorbeugen“, sagt abschließend Gröning.

5 Tipps, mit Präsentismus umzugehen

  1. Seien Sie ein Vorbild: Als Arbeitgeber sollten Sie auch nicht krank arbeiten. Denn Mitarbeiter orientieren sich oft am Verhalten der Chefs. Falls Sie sehen, dass jemand in Ihrem Team krank ist, schicken Sie denjenigen nach Hause.
  2. Sprechen Sie Präsentismus an: Informieren Sie Ihre Belegschaft über die Folgen, wenn man krank zur Arbeit erscheint. Man sollte sich nicht schlecht fühlen, wenn man aufgrund von gesundheitlichen Problemen seine Aufgaben nicht erledigen kann.
  3. Bieten Sie Gesundheitsworkshops an: Durch professionelle Unterstützung können Ihre Mitarbeiter lernen, wieso es wichtig ist, auf die eigene Gesundheit zu schauen und krankheitsbezogene Schuldgefühle abzubauen.
  4. Kommunizieren Sie Regeln zur Krankmeldung klar: Die Mitarbeiter müssen wissen, wie sie sich krankmelden. Muss bereits nach einem Tag ein ärztliches Attest vorgelegt werden? Hat die Krankmeldung telefonisch zu erfolgen oder geht es auch per E-Mail?
  5. Senken Sie die Arbeitslast: Zu viel Druck führt dazu, dass Beschäftigte auch bei Krankheit arbeiten. Befragen Sie Ihre Mitarbeiter, wo die Probleme liegen und bieten Sie Lösungsvorschläge an.

Quelle:
Techniker Krankenkasse

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Michelle Müller
Leitende Arbeitspsychologin
Michelle Müller, Leitende Arbeitspsychologin

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