Arbeitsunfälle im Homeoffice – mobiles Arbeiten von zu Hause
Heutzutage gehört das Arbeiten außerhalb des Büros für viele Beschäftigte mit zum Alltag. Verstärkt durch die Pandemie, entspricht ein Orts-flexibles Arbeiten dem heutigen Zeitgeist. Fälschlicherweise wird hier oft der Begriff „Homeoffice“ verwendet. Das sogenannte „Homeoffice“ ist ein nicht definierter Begriff, der aber umgangssprachlich gerne verwendet wird. Der Gesetzgeber unterscheidet hier zwischen mobilem Arbeiten und der Telearbeit. Mobiles Arbeiten ist ein Orts-flexibles Arbeiten, welches keinen festen Arbeitsplatz voraussetzt. Hierzu ist nur ein mobiles Arbeitsmittel notwendig (z.B. Laptop). Viele nutzen diese Gelegenheit, um auch mal von zu Hause aus mobil zu arbeiten. Die Telearbeit hingegen ist eine fest definierte Arbeitszeit in den eigenen vier Wänden, die zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten festgelegt wird. Dies geschieht i.d.R. schriftlich. In so einem Fall muss der Arbeitgeber auch Arbeitsmittel zur Erfüllung der Tätigkeit stellen (z.B. Mobiliar wie Arbeitstisch, Arbeitsstuhl, Monitor, etc.). Bei der Telearbeit sind die Pflichten für Arbeitgeber im Arbeits- und Gesundheitsschutz deutlich höher angesiedelt als bei der mobilen Arbeitsform. Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt zusätzlich radikal verändert. Im Zuge dessen taucht im Kontext der Arbeitssicherheit natürlich auch die Frage auf, ob ein Unfall im Homeoffice als Arbeitsunfall angesehen wird.
Die SARS-CoV Arbeitsschutzverordnung und zugehörige Novellierungen haben in den letzten zweieinhalb Jahren auch noch einmal dazu beigetragen, dass gewisse Toleranzen und Betrachtungsweisen in Bezug auf den Versicherungsschutz ersichtlich sind.
Was passiert, wenn ich zu Hause während der Arbeitszeit über ein Kabel stolpere und mich dabei verletze oder mich ein schwerer Gegenstand vom Bücherregal trifft? Sind das Arbeitsunfälle, die von der Unfallversicherung anerkannt werden? Mit ähnlichen Fragen haben sich bereits mehrere deutsche Gerichte beschäftigt. Kurz gesagt: Ob ein Unfall zu Hause als Arbeitsunfall anerkannt wird, hängt vom Ort der Tätigkeit und der Handlungstendenz ab.
Wie wird ein Arbeitsunfall definiert?
Definiert werden Arbeitsunfälle als Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen können (§ 8 des SGB 7 „Gesetzliche Unfallversicherung“). Arbeitsunfälle beziehen sich nicht nur auf Unfälle, die am jeweiligen Arbeitsort passieren, sondern auch auf die Beschaffung von Arbeitsgeräten bzw. auch die Beförderung oder Instandhaltung eines Arbeitsgeräts. Es besteht somit ein Versicherungsschutz auch außerhalb des Betriebs — an dem Ort, an dem man beispielsweise zu Hause mobil arbeitet. Allerdings ist nicht jeder Unfall in den eigenen vier Wänden gleich ein Arbeitsunfall.
Werden im Homeoffice Wegeunfälle anerkannt?
Der Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück ist versichert und somit können Beschäftigte davon ausgehen, dass ein Unfall auf dieser Route als Arbeitsunfall anerkannt wird. Hier spricht man von einem Wegeunfall. Das gilt aber nur für den direkten Weg. Wer den direkten Weg für persönliche Anliegen verlässt und diesen dann wieder aufnimmt, sollte wissen, dass Versicherungsschutz in diesem Fall nur innerhalb von zwei Stunden greift. Ausnahmen sind, wenn z.B. Kinder in die Kita oder Schule gebracht/abgeholt werden. Gleiches gilt bei Umwegen, wenn man mit Kolleginnen und Kollegen eine Fahrgemeinschaft gebildet hat. Im Homeoffice ist die Abgrenzung zwischen dem privaten und beruflichen Bereich nicht so einfach. Entscheidend ist hier die objektive Handlungstendenz, d.h. die Frage, ob der Arbeitnehmer verunglückt ist, während er eine betriebsrelevante Tätigkeit ausüben wollte oder nicht.
Welche Unfälle im Homeoffice werden nicht als Arbeitsunfälle anerkannt?
Wenn man den privaten Hausmüll nach draußen bringt und dabei ausrutscht und sich verletzt, wird das nicht als Arbeitsunfall angesehen. Hier fehlt komplett der Zusammenhang mit der Tätigkeit. Weitere Beispiele, ob ein Arbeitsunfall vorliegt oder nicht, haben wir weiter unten zusammengestellt.
Was tun bei einem Arbeitsunfall im Homeoffice und wem muss er gemeldet werden?
Zuallererst sollten Sie bei einem Unfall schauen, wie schwer die Verletzungen sind. Rufen Sie gegebenenfalls den Notarzt an oder suchen einen Durchgangsarzt auf. Bei einem Arbeitsunfall müssen Sie den Arbeitgeber informieren. Bei einem Arbeitsunfall, der mit einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen verbunden ist, muss der Arbeitgeber den Unfall der Unfallversicherung innerhalb von drei Kalendertagen melden. Bei Unfällen ist ebenfalls der Betriebsrat (sofern vorhanden), der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa) darüber in Kenntnis zu setzen. Für jeden Arbeitsunfall gilt, dass er genau dokumentiert werden sollte. Dies gilt auch schon für Bagatellverletzungen. Die Dokumentation z.B. in einem Verbandbuch ist notwendig, um auch im Nachgang einen Nachweis für ein Ereignis im beruflichen Umfeld nachweisen zu können, obwohl vielleicht weitergearbeitet werden konnte. Bestimmte Einschränkungen und Symptome können z.T. auch erst später zum Tragen kommen.
Welche neuen Bestimmungen gibt es seit Ausbruch der Corona-Pandemie?
Der Gesetzgeber will die klassische Arbeitsplatzsituation mit dem Homeoffice mehr in den Einklang stellen. Aus diesem Grund sind seit der gesetzlichen Erweiterung des SGB VII im Jahr 2021 einige Wege zu Hause zusätzlich im Versicherungsschutz durch die Berufsgenossenschaft abgedeckt. Somit können innerhäusliche Wege zur Nahrungsaufnahme oder der Gang zur Toilette während der Arbeit als Arbeitsunfälle gelten. Das gilt aber nur, wenn diese Situationen auch in Präsenzarbeit üblich sind und gilt auch nur für Unfälle ab dem 18.6.2021. Mit der neuen Bestimmung sind auch Wegeunfälle auf Wegen aus dem Homeoffice und zurück versichert, wenn man zum Beispiel an einem Arbeitstag seine Kinder in die Kindertagesstätte bringen will.
Check: Was gilt als Arbeitsunfall im Homeoffice, was nicht
Damit der Unfall im Homeoffice als Arbeitsunfall anerkannt wird, muss er mit der versicherten Tätigkeit in Verbindung stehen. Hier fünf Beispiele zur Veranschaulichung:
Beispiel 1: Der Versicherte lebt in einer zweigeschossigen Wohnung. Im Obergeschoss befindet sich das Schlafzimmer, im Untergeschoss das Wohn- und Arbeitszimmer. Auf dem morgendlichen Weg zum Arbeitstisch stolpert der Versicherte über die Treppe und verletzt sich. Das gilt als Arbeitsunfall.
Beispiel 2: In einer Pause geht die Versicherte in das Badezimmer, um sich ein Bad zu nehmen und rutscht in der Badewanne aus. Das gilt nicht als Arbeitsunfall.
Beispiel 3: Die Versicherte geht in die Küche, um sich einen Apfel zu holen. Während dem Schneiden verletzt sie sich. Ob das als Arbeitsunfall gilt, hängt vom Unfallzeitpunkt ab. Wenn der Unfall nach dem 18.6.2021 passiert ist, gilt er als Arbeitsunfall.
Beispiel 4: Der Versicherte beendet seinen Arbeitstag und will vom Schreibtisch im Arbeitszimmer in das Wohnzimmer gehen. Dabei stolpert er über ein Druckerkabel und verletzt sich. Das gilt als Arbeitsunfall.
Beispiel 5: Es klingelt. Der Paketdienst ist da, um der Versicherten eine Kurierlieferung von der Arbeit zu bringen. Sie muss zur Haustür und stolpert auf dem Weg dorthin. Das gilt als Arbeitsunfall.
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