Erholsamer Schlaf: Schlüssel zur mentalen Gesundheit – Interview mit Arbeitspsychologin Michelle Müller über Schlafhygiene

Schlafhygiene & mentale Gesundheit


Schlafhygiene: Ein erholsamer Schlaf ist kein Luxusgut, sondern eine grundlegende Bedingung für Leistungsfähigkeit, Konzentration und das psychische Wohlbefinden. Dennoch spielt Schlafhygiene in zahlreichen Unternehmen bislang keine bedeutende Rolle im Gesundheitsmanagement. Warum dies ein Irrtum ist – und auf welche einfache Weise Mitarbeiter ihre Schlafqualität steigern können – erläutert die Arbeitspsychologin Michelle Müller in einem Interview.

Frau Müller, Sie beschäftigen sich als Arbeitspsychologin häufiger mit dem Thema Schlafhygiene. Warum ist dieses Thema für die Arbeitswelt so relevant?

Michelle Müller: Schlaf ist eine zentrale Ressource, die direkt unsere kognitive Leistungsfähigkeit, emotionale Stabilität und körperliche Gesundheit beeinflusst. In einer zunehmend flexiblen, digitalen Arbeitswelt geraten Schlafrhythmus und Erholungsphasen jedoch oft aus dem Gleichgewicht. Wer dauerhaft schlecht schläft, kann sich schlechter konzentrieren, ist anfälliger für Stress und auf lange Sicht auch für Erkrankungen.

Was genau versteht man unter Schlafhygiene?

Michelle Müller: Schlafhygiene beschreibt alle Verhaltensweisen und Umgebungsfaktoren, die gesunden Schlaf fördern. Dazu gehören beispielsweise regelmäßige Schlaf- und Wachzeiten, der Verzicht auf elektronische Geräte („blaues Licht“) vor dem Schlafengehen, ein kühles, ruhiges Schlafzimmer sowie ein bewusster Umgang mit Koffein, Alkohol oder späten Mahlzeiten. Ziel ist es, die Voraussetzungen für erholsamen Schlaf systematisch zu verbessern.

Welche Faktoren beeinträchtigen den Schlaf am häufigsten?

Michelle Müller: Sehr häufig sind es unregelmäßige Schlafgewohnheiten, ständige Erreichbarkeit am Abend, hohe Bildschirmzeit oder beruflicher Stress. Viele Menschen kommen nicht mehr richtig zur Ruhe, weil sie mental nicht abschalten können – vor allem nach Feierabend. Gerade Führungskräfte oder Beschäftigte mit hoher Verantwortung nehmen gedanklich häufig die Arbeit mit ins Bett.

Welche konkreten Maßnahmen empfehlen Sie für besseren Schlaf?

Michelle Müller: Eine Möglichkeit ist, eine feste Abendroutine zu etablieren – zum Beispiel zur gleichen Zeit ins Bett gehen, digitale Geräte rechtzeitig beiseitezulegen und gezielte Entspannungsübungen durchzuführen. Hierbei empfehle ich immer die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, ein sehr wirksames und bewährtes Verfahren. Auch kleine Veränderungen in der Schlafumgebung. Abgedunkelte Vorhänge oder geräuschdämmende Maßnahmen können spürbar helfen. Wichtig ist auch, tagsüber für ausreichend Bewegung zu sorgen, denn körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf den Schlaf aus.

Inwiefern beeinflusst Schlaf die psychische Gesundheit?

Michelle Müller: Sehr stark. Chronischer Schlafmangel erhöht das Risiko für depressive Verstimmungen, Angstörungen und Burn-out. Umgekehrt unterstützt gesunder Schlaf die emotionale Regeneration, Stressverarbeitung und mentale Belastbarkeit. Gerade im betrieblichen Kontext wird dieser Zusammenhang allerdings noch häufig unterschätzt.

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Sollte Schlafhygiene ein Thema im betrieblichen Gesundheitsmanagement sein?

Michelle Müller: Absolut.Schlafhygiene ist nicht nur eine individuelle, sondern auch eine organisationale Verantwortung. Unternehmen können ihre Mitarbeitenden aktiv unterstützen – zum Beispiel durch Informationsangebote, Workshops, Coachings oder Schulungen zur Stressbewältigung. Auch eine Unternehmenskultur, die klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zulässt, trägt maßgeblich dazu bei, gesunde Schlafgewohnheiten zu fördern.

5 Tipps für eine besser Schlafhygiene im Überblick

1. Feste Schlafzeiten einhalten

  • Jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett gehen und aufstehen – auch am Wochenende.
  • Das stabilisiert den natürlichen Schlafrhythmus.

2. Digitale Geräte rechtzeitig weglegen

  • Mindestens 30 Minuten vor dem Schlafen auf Smartphone, Laptop & Co. verzichten.
  • Blaues Licht hemmt die Ausschüttung von Melatonin, dem „Schlafhormon“.

3. Abendroutine & Entspannungstechniken nutzen

  • Eine feste Abendroutine hilft dem Körper, zur Ruhe zu kommen.
  • Empfohlen: Übungen zur Muskelentspannung

4. Optimale Schlafumgebung schaffen

  • Ruhiges, kühles, gut abgedunkeltes Schlafzimmer.
  • Lärmquellen reduzieren, ggf. Vorhänge oder Ohrstöpsel nutzen.

5. Tagsüber aktiv sein

  • Regelmäßige Bewegung fördert die Schlafqualität.
  • Schon ein Spaziergang oder leichtes Training hat positive Effekte.

Haben Sie Fragen zum Thema Keuchhusten?

Unser arbeitspsychologisches Team steht gerne für Ihre Fragen zur Verfügung. Wir beraten Sie gerne unverbindlich!

Michelle Müller
Leitende Arbeitspsychologin
Michelle Müller, Leitende Arbeitspsychologin

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