Das Ziel
Durch die Gefährdungsbeurteilung sollte ein Screening ermöglicht werden, welches das Unternehmen zum ersten Mal ganzheitlich in Betrachtung nimmt. Es sollten insbesondere Risikofaktoren identifiziert werden, die besonders belastend auf die Mitarbeiter einwirken. Bereits vermutete problematische Faktoren sollten empirisch bestätigt werden.
Wie kann das erreicht werden?
Ein erstes Orientierungsgespräch ermöglichte das Kennenlernen der Organisationsstruktur und Ansprechpartner im Unternehmen. Ebenso ist die Bestandsaufnahme der Ist-Situation ein wesentlicher Bestandteil einer erfolgreichen Gefährdungsbeurteilung.
Durch Priorisierung der Untersuchungseinheiten wurde die Entscheidung getroffen mit einem Piloten im Organisationsbereich der Verwaltung (ca. 60 Mitarbeiter) zu beginnen. Darauf folgte eine unternehmensweite Untersuchung.
Nach sorgfältiger Abwägung der Erhebungsinstrumente fiel die Entscheidung auf eine Mitarbeiter-Befragung anhand einer Onlineplattform. Dies ermöglichte eine umfangreiche aber gleichzeitig effiziente Erfassung aller relevanten potenziellen psychischen Belastungsfaktoren. Die Bearbeitung dauerte im Durchschnitt 20-25 Minuten. Abgefragt wurden unter anderem Handlungsfelder und Faktoren wie beispielsweise:
- Arbeitsorganisation (u.a. Arbeitsintensität, -unterbrechungen)
- Raum und Zeit (u.a. Erreichbarkeit, Reiseaufwand)
- Führung (u.a. Soziale Führungskompetenz, Feedback)
- Team (u.a. Konflikte im Team, Austauschmöglichkeiten)
- Arbeitsmotivation (u.a. Begeisterung, Einsatzbereitschaft)
Die Ergebnisse
Die Aufbereitung der wesentlichen Ergebnisse stand dem Unternehmen auf der Onlineplattform zur Verfügung. Zusätzlich gab es fachliche Ergebnisrückmeldung durch BAS mit Personalabteilung, Mitarbeitervertretung und Geschäftsführung. Eine Priorisierung der größten Risiken und Potentiale anhand branchenübergreifenden sowie unternehmensinternen Vergleichen (z.B. auf Standort- oder Abteilungsebene) ergab unter anderem folgende Faktoren mit Handlungsbedarf:
- sehr hohe Arbeitsintensität
- häufige Rollenkonflikte
- hohe Unzufriedenheit mit der Team-/Abteilungsführung
- mangelnde Work-Life-Balance
Aber auch positive Aspekte sollten hervorgehoben werden, diesbezüglich konnten u.a. folgende Aspekte gefunden werden:
- hohe zeitliche und örtliche Flexibilität möglich
- Innovationskompetenz und -förderung des Unternehmens hat hohe Priorität
- hervorragender Teamgeist
Welche Maßnahmen wurden daraufhin durchgeführt?
Auf Basis der Ergebnisse wurden unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen realistische Maßnahmen entwickelt, die anhand von Umsetzungsplänen und -dokumentationsvorlagen durchgeführt wurden. Auf unternehmensweiter Ebene wurden unter anderem folgende Maßnahmen realisiert:
- Stressmanagement-Workshops für alle Beschäftigten (optional bei Bedarf)
- Umstellung auf ein neues Zeit- & Projektmanagementsystem
- Bereitstellung eines separaten Diensthandys (auf Wunsch)
- Beschluss eines meeting-freien Tages zur konzentrierten Bearbeitung von Aufgaben
Standortspezifisch ergab sich Bedarf für individuellere Maßnahmen, unter anderem:
- Führungsworkshops zu Themen wie Mitarbeitergespräche & Feedbackkultur
- regelmäßige jour fixes einführen
- Konkretisierung und klare Formulierung von Rollen- & Aufgabenverteilung
Wie geht es weiter?
Evaluationen der durchgeführten Maßnahmen sind ein essenzieller Bestandteil erfolgreicher Gefährdungsbeurteilungen. Viele Maßnahmen konnten in Teilen direkt evaluiert werden (z.B. Workshops). Der Großteil wurde als follow-up Kurzbefragungen in den einzelnen Abteilungen durchgeführt. Zusätzlich gab es eine Evaluation des Gesamtprozesses durch das Steuergremium in der u.a. best-practice Beispiele dokumentiert sowie Verbesserungspotential ermittelt wurde.
Langfristig wurde ein Fortführungs- und Aktualisierungsplan entwickelt. Dieser soll die Aufrechterhaltung der Maßnahmen sowie die bedarfsgerechte Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung sicherstellen. Eine Wiederholung der Gefährdungsbeurteilung ist in 2 Jahren angestrebt. Bei Bedarf soll es jährliche Kurzbefragungen geben.
Fazit
Die durchgeführte psychische Gefährdungsbeurteilung ermöglichte eine erste ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens. Es konnten essenzielle Risikofaktoren ermittelt werden, welche sich direkt negativ auswirken können auf Motivation, Zufriedenheit, Produktivität oder Gesundheit der Beschäftigten. Partizipativ wurden gezielt Maßnahmen entwickelt, deren Effektivität durch systematische Evaluationen sichergestellt werden konnten.